Mike Oldfield: Tubular Bells

mike Oldfield

Mike Oldfield

Albumtitel: Tubular Bells
Veröffentlichungsjahr: 1973
Vertrieb/Label: Virgin Records
Homepage: https://mikeoldfieldofficial.com


Rezension

„Tubular Bells“ – ein zeitloses Werk von Mike Oldfiled

Mike Oldfield’s Debütalbum „Tubular Bells“, das am 25. Mai 1973 veröffentlicht wurde, ist ein musikalisches Phänomen, das die Grenzen des Progressive Rock sprengte und eine neue Ära für Konzeptalben einläutete.

Als erste Veröffentlichung des damals neu gegründeten Labels Virgin Records war es ein gewagtes Unterfangen: ein Album, das fast ausschließlich aus zwei langen, instrumentalen Stücken besteht, komponiert und eingespielt von einem einzigen, damals erst 19-jährigen Musiker. Die Entstehungsgeschichte, die einzigartige Komposition und der unerwartete Welterfolg machen „Tubular Bells“ zu einem Meilenstein der Musikgeschichte.

Ein Ein-Mann-Orchester im Studio

Die Aufnahme von „Tubular Bells“ war ein Akt kreativer Besessenheit und technischer Innovation. Mike Oldfield spielte fast alle der über zwanzig verschiedenen Instrumente selbst ein, was zu dieser Zeit unüblich war. Durch ein aufwendiges Overdubbing-Verfahren, bei dem Tonspuren übereinander gelegt werden, schuf er Schicht für Schicht einen komplexen Klangteppich.

Obwohl das Album-Cover eine Vielzahl von Gitarren auflistet, darunter „Speed Guitars“ und „Gitarren, die wie Dudelsäcke klingen“, wurde für die elektrischen Parts nur eine einzige Gitarre verwendet: eine Fender Telecaster aus dem Jahr 1966, die einst Marc Bolan gehörte.

Um die besonderen Klangeffekte zu erzeugen, griff Mile Oldfield auf kreative Studiotechniken zurück. Für die „Speed Guitar“- und „Mandolin-like Guitar“-Klänge wurde das Tonband mit halber Geschwindigkeit aufgenommen. Die verzerrten „Fuzz Guitars“ und „Bagpipe Guitars“ entstanden mithilfe einer speziell angefertigten Effektbox. Mike Oldfield verbrachte die Zeit von Februar bis April 1973 im The Manor Studio, um den zweiten Teil des Albums aufzunehmen, nachdem er den ersten bereits fertiggestellt hatte.

Eine Reise durch fantastische Klanglandschaften

Das Album ist in zwei – vom Titel recht banal klingende – Teile gegliedert, „Part One“ und „Part Two“.

Part One

Der erste Teil beginnt mit einer hypnotischen, minimalistischen Melodie, gespielt auf einem Flügel. Dieses Eröffnungsthema erlangte weltweite Berühmtheit, als es Ende 1973 im Soundtrack des Horrorfilms „Der Exorzist“ verwendet wurde. Obwohl die Musik nicht für den Film komponiert wurde, verband sich die unheimliche und doch fesselnde Atmosphäre des Stücks perfekt mit der Stimmung des Films. Dieser Umstand katapultierte das anfangs nur schleppend verkaufte Album in die internationalen Charts und machte Mike Oldfield über Nacht zum Star.

„Part One“ entwickelt sich langsam, führt nach und nach neue Instrumente ein und baut eine dichte, atmosphärische Spannung auf. Der Höhepunkt des ersten Teils ist das Finale, in dem der „Master of Ceremonies“, gesprochen vom Musiker Vivian Stanshall, die nacheinander einsetzenden Instrumente ankündigt – vom Flügel über das Glockenspiel bis hin zu den namensgebenden Röhrenglocken (Tubular Bells).

Part Two

Der zweite Teil des Albums erkundet andere musikalische Themen und Stimmungen. Ein bemerkenswerter Abschnitt ist der „Caveman“-Teil, die einzige Sektion des Albums, in der ein komplettes Schlagzeug zum Einsatz kommt, gespielt von Steve Broughton. Die hier zu hörenden heiseren Schreie, im Abspann als „Piltdown Man“-Gesang bezeichnet, haben eine kuriose Entstehungsgeschichte. Angeblich frustriert vom Druck des Label-Chefs Richard Branson, dem Album für eine Single-Auskopplung Gesang hinzuzufügen, betrank sich Mike Oldfield mit Whiskey, ging ins Studio und schrie zehn Minuten lang in ein Mikrofon. Die Aufnahme wurde anschließend verlangsamt, was die Tonhöhe senkte und den urtümlichen Klang erzeugte.

Das Album endet mit einer fröhlichen Interpretation des traditionellen Seemannsliedes „The Sailor’s Hornpipe“. Ursprünglich war eine längere, improvisierte Version geplant, bei der ein angetrunkener Vivian Stanshall eine Führung durch das Studio gibt, während Oldfield Mandoline spielt. Letztendlich entschied man sich jedoch für eine rein instrumentale Fassung, die den Abschluss des Albums bildet.

Kommerzieller Erfolg und kulturelles Erbe

Nach seiner Veröffentlichung verkaufte sich „Tubular Bells“ zunächst nur langsam. Der Wendepunkt kam mit „Der Exorzist“. Der Film löste einen Verkaufsboom aus, der nicht nur Mike Oldfield’s Karriere startete, sondern auch maßgeblich zum Wachstum des Virgin-Imperiums von Richard Branson beitrug. Das Album hielt sich ab März 1974 ein ganzes Jahr lang in den Top Ten der britischen Album-Charts und erreichte dort für eine Woche die Spitzenposition. In den USA kletterte es auf Platz drei der Billboard 200 und erreichte in Kanada und Australien ebenfalls Platz eins. Bis heute wurden allein im Vereinigten Königreich über 2,7 Millionen Exemplare verkauft, weltweit schätzt man die Verkaufszahlen auf über 15 Millionen.

Der Erfolg von „Tubular Bells“ zog zahlreiche Nachfolgeprojekte nach sich, darunter eine Orchesterversion (1975) sowie die Alben „Tubular Bells II“ (1992), „Tubular Bells III“ (1998) und „The Millennium Bell“ (1999). Zum 30-jährigen Jubiläum nahm Mike Oldfield das Album unter dem Titel „Tubular Bells 2003“ komplett neu auf.

Die kulturelle Bedeutung des Albums ist bis heute ungebrochen. 2010 wurde das Plattencover als eine von zehn klassischen britischen Albumhüllen auf einer Briefmarkenserie der Royal Mail abgebildet. Ein besonders denkwürdiger Moment war die Eröffnungszeremonie der Olympischen Sommerspiele 2012 in London, bei der Mike Oldfield Auszüge aus „Tubular Bells“ live spielte und damit die britische Musikkultur vor einem globalen Publikum zelebrierte.

„Tubular Bells“ bleibt ein zeitloses Meisterwerk, das die kreative Vision eines jungen Genies widerspiegelt und die Musikwelt nachhaltig geprägt hat. Es ist ein Album, das auch Jahrzehnte nach seiner Veröffentlichung nichts von seiner Faszination und seiner klanglichen Innovationskraft verloren hat.

Ich bin auf die Musik als noch 14-Jähriger, der sich einen Platz im Würzburger Corso Kino für William Friedkin’s Exorzist ergattern konnte, gestoßen. Das Album von Mike Oldfield habe ich einige Zeit später als Teil des Boxsets „Boxed“ beim Plattenladen Argilo erstanden. Verkäufer war der Anfang 2025 verstorbene legendäre Helmut Gögelein. Erst bei der heutigen Recherche habe ich von seinem viel zu frühen Tod erfahren. Es macht mich traurig.

Autor: Gerald Langer


Tracklist

Seite 1

  1. „Tubular Bells, Part One“ – 25:30

Seite 2

  1. „Tubular Bells, Part Two“ – 23:22


error: Content is protected !!
WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner