Tom Waits: Rain Dogs

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Tom Waits

Albumtitel: Rain Dogs
Veröffentlichungsjahr: 1985
Vertrieb/Label: Island Records
Homepage: http://www.tomwaits.com


Rezension

Rain Dogs von Tom Waits, erschienen im September 1985, ist bereits das achte Studiowerk des amerikanischen Singer-Songwriters und markiert einen Höhepunkt seiner kreativen Laufbahn. Erst zu diesem späten Zeitpunkt wurde ich auf diesen Künstler mit der unverwechselbaren Stimme aufmerksam.

Rain Dogs entstand größtenteils in einem Kellerraum in Manhattan, wo Waits die Atmosphäre der nächtlichen Großstadt in sich aufsog und in 19 faszinierende Lieder verwandelte. Das Album über die städtischen Loser, die Entrechteten, die Verlorenen, die Gestrandeten und die Vergessenen New Yorks, die „Rain Dogs“, wie sie Tom Waits bezeichnet.

Musikalisch präsentiert sich Rain Dogs als ein stilistisches Kaleidoskop, das Blues, Jazz, Cabaret, New Orleans-Brass und experimentelle Avantgarde-Elemente zu einem einzigartigen Sound verschmilzt. Waits verwendete bewusst unkonventionelle Instrumente wie Marimba, Akkordeon, Banjo und Posaune, um dem Album seinen charakteristischen organischen Klang zu verleihen. Gerade seine Abneigung gegen moderne Studiotechnik führte zu kreativen Lösungen. Manchmal wurde auch einfach auf Möbeln herum geklopft.

Das Album profitiert von der Zusammenarbeit mit außergewöhnlichen Musikern, allen voran Marc Ribot und Keith Richards. Ribot, der Gitarrist der Lounge Lizards, prägte mit seinem unkonventionellen Stil wesentlich den Sound des Albums. Seine linkshändige Spielweise auf einer rechtshändigen Gitarre erzeugte jene charakteristischen, „falschen“ Töne, die Rain Dogs so unverwechselbar machen.

Keith Richards von den Rolling Stones ist auf drei Songs vertreten, darunter dem Country-Blues Blind Love. Die Zusammenarbeit entstand zufällig, als Waits scherzhaft nach Richards fragte – und dieser überraschend zusagte.

Von der düsteren Seemannsballade Singapore über das hypnotische Clap Hands bis hin zu zeitlosen Balladen wie Time und dem Hit Downtown Train zeigt Rain Dogs Waits‘ ganze künstlerische Vielseitigkeit.

Downtown Train wurde später durch Rod Stewart mit seiner Reibeisen-Stimme tatsächlich zu einem weltweiten Hit, erreichte Platz 3 der US-Charts und brachte Stewart gar eine Grammy-Nominierung ein.

Kommerziell war Rain Dogs ebenfalls erfolgreich: Rang 29 in Großbritannien, Top 10 in Schweden und respektable Chart-Platzierungen in mehreren europäischen Ländern bewiesen, dass experimentelle Musik durchaus ein Publikum finden kann.

Rain Dogs steht als Zeugnis für Tom Waits‘ künstlerische Vision und seinen Mut zur Innovation. Das Album vereint eine aussergewöhnliche aufnahmetechnische Brillanz mit emotionaler Tiefe und schafft ein atmosphärisches Gesamtkunstwerk, das die düsteren Schönheiten des urbanen Lebens einfängt. Ich mag diese Kompromisslosigkeit, die Ecken und Kanten, die Waits hat, im Gegensatz zu meiner Frau, die sofort den Raum verlässt, wenn sie Tom Waits hört.

Es ist ein Album, das auch 40 Jahre nach seiner Veröffentlichung nichts von seiner Faszination und Relevanz verloren hat. Das musikalische Schaffen des Amerikaners verfolge ich seit 40 Jahren. Ihn würde ich tatsächlich gerne mal auf der Bühne erleben und fotografieren.

Die Trilogie der Alben Swordfishtrombones, Rain Dogs und Frank’s Wild Years des Klangforschers Tom Waits kann ich uneingeschränkt empfehlen.

Autor: Gerald Langer

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